Über bewusste Beziehungen und die heilende Gemeinschaft

Eros, Sex und die Regeneration der Welt

 

 

Normalerweise agiert man seine konditionierten Muster unbewusst aus. Aber in einer Liebesbeziehung hat man die Chance zu fühlen, wie es ist, ein Kontrollfreak zu sein, und zu sehen, wie man damit die Offenheit für die Liebe, das Sonnenlicht abschneidet, das einem helfen wird, sich zu einem echten Menschen zu entwickeln. Und der größere Bogen der Liebe eines Paares langt schließlich zu einem Gefühl der Verwandtschaft mit allem Leben aus.

In Ihren Büchern "Durch Liebe reifen" und "Love and Awakening" sagen Sie, dass es wichtig ist, zu erkennen, wie neu es ist, die Möglichkeit einer bewussten Beziehung in Betracht zu ziehen. Was ist so neu?

Während wir uns vorstellen können, dass die Fähigkeit, eine nahe, liebevolle Beziehung herzustellen, in unseren Genen programmiert ist, und dass wir instinktiv wissen sollten, wie man das macht, ist persönliche Intimität in der menschlichen Geschichte eigentlich eine ziemlich neue Idee. Auf eine persönliche Weise echt intim miteinander zu sein, hat bis vor Kurzem nie zum Ideal einer Ehe gehört. Tatsächlich haben es die meisten Paare während der ganzen Geschichte geschafft, ihr Leben miteinander zu leben, ohne persönliche Gespräche darüber zu führen, was in ihnen und zwischen ihnen vor sich geht.

Solange Familie und Gesellschaft die Regeln und Rollen der Ehe vorschrieben, mussten die Einzelnen auf diesem Gebiet nie viel Bewusstsein entwickeln. Obwohl die Ehe oft als heilig betrachtet wurde, war sie doch nie persönlich.

Bei der romantischen Liebe geht es also nicht notwendigerweise um wirkliche Intimität?

Nein. Und auch beim Tantra, das auf spirituellem Ritual und spiritueller Realisierung fokussierte und nicht auf persönlicher Intimität, war das nicht so. Sich der Geliebten persönlich zu offenbaren – statt sich nur in ein schönes Gesicht zu verlieben –, dies ist in der Geschichte etwas ziemlich Neues.
Seit Tausenden von Jahren blieb das Paarbewusstsein in einem unentwickelten, kindlichen Zustand, indem die Paare zu Hause lebten, in der weiteren Familie, und machten, was ihnen gesagt wurde. Dies änderte sich erst mit der industriellen Revolution, als die Familie zu zerfallen begann und Kinder mehr Freiheit suchten – was zu einer radikal neuen Erfindung führte: dem Dating.

Mit dieser neuen Freiheit kam das Paarbewusstsein von der Kindheit in die Pubertät, die durch Rebellion gegen die Tradition und durch romantischen Idealismus gekennzeichnet war. Diese Entwicklung erreichte in den 60er Jahren mit der sexuellen Revolution und der ansteigenden Scheidungsrate ihren Höhepunkt. Aber zwei wichtige Entwicklungen in dieser Zeit legten das Fundament für eine erwachsenere Stufe von Paarbewusstsein, das erst jetzt möglich wird. Die Frauenbewegung verwarf alte Klischees und machte die Beziehungen egalitärer. Und die Verbreitung psychologischer Vorstellungen in unserer Kultur – vor allem durch populäre psychologische Literatur – fing an, Menschen eine neue Sprache und Konzepte zu vermitteln, die früheren Generationen nicht zu Verfügung standen, um darüber zu sprechen, was in Beziehungen eigentlich vor sich geht.

Und was ist der Grund, weshalb Beziehungen heute so schwierig sind?

Es gibt nicht den geringsten Grund, weshalb wir wissen sollten, wie man eine bewusste intime Beziehung mit einem anderen Menschen haben kann, weil es noch nie zuvor gemacht wurde! Wir haben keine Geschichte, keine Anleitung, keine Modelle. Unsere Familien und Schulen haben uns nie etwas hierüber beigebracht. Wir sind die Pioniere einer ganz neuen Möglichkeit.

Der Untertitel Ihres Buches "Love and Awakening" lautet "Discovering the Sacred Path of Intimate Relationship" (Den heiligen Weg intimer Beziehungen entdecken). Das klingt, als würden sie eine Vision anbieten, wie das Heilige in den Alltag hineinkommen und in Beziehungen Ausdruck finden kann.

Seit Tausenden von Jahren hat die institutionelle Religion das Heilige im Zentrum menschlichen Lebens gehalten. Jetzt, da das Heilige nicht mehr im Zentrum unseres Lebens ist, hat die Menschheit ihre Orientierung verloren. Eine Möglichkeit, wie wir anfangen können, unsere Verbindung mit dem Heiligen neu aufzubauen und es in die Gemeinschaft zu integrieren, ist durch bewusste Beziehung. Da die Kultur im Ganzen die Seele nicht mehr nährt, ist ein Ort, wo wir anfangen können, die Seele zu regenerieren, unsere Verbindung mit den Menschen, die wir lieben.

Wie definieren Sie Seele?

Seele ist das menschliche Element in uns, ein Zwischenelement zwischen dem Absoluten oder Göttlichen, das unsere letzte, eigentliche Natur ist, und unserem konditionierten Ego, das die spirituellen Traditionen als die Quelle von Täuschung betrachten. Sie ist unser individuelles Bewusstsein, im Gegensatz zu unserer göttlichen Natur, die universell, in jedem Individuum dieselbe ist.

Seele ist die wahre Natur, wie sie sich in Raum und Zeit, im Laufe unseres Lebens entfaltet und entwickelt. Sie ist das Prinzip des Werdens, anders als das Absolute, das zeitlos ist. Die Seele hat eine doppelte Sehnsucht. Sie hat ein Auge auf das Absolute gerichtet, wie der Tropfen, der sich im Ozean auflösen möchte. Der Sufidichter, Yunus Emre, beschreibt diese individuelle Qualität der Seele: „Ich bin der Tropfen, der das Meer enthält. Wie schön, ein Ozean zu sein, der in einem unendlichen Tropfen enthalten ist.“

Unsere absolute Natur ist das, was uns ermöglicht, universelles Mitgefühl zu haben und jeden gleich zu lieben, wie viele heilige Traditionen uns das nahelegen. Aber auf einer persönlichen Ebene, auf einer Seelenebene, lieben wir nicht alle genau auf dieselbe Weise. Wenn wir eine tiefe Seelenverbindung mit jemandem haben, lieben wir diesen Menschen auf eine Weise, wie wir keinen anderen Menschen im ganzen Universum lieben. Es ist etwas Besonderes dabei. Dies ist Eros.

Tendieren spirituelle Traditionen dazu, die individuelle Liebe zu einem anderen Individuum – den Eros – unterzubewerten?

Einige spirituelle Traditionen verwerfen oder diskreditieren die individuelle Erfahrung. Sie betrachten das, was man als Individuum durchmacht, als einen Traum, der keine besondere Bedeutung hat. Einer der einzigartigen Beiträge der modernen westlichen Kultur – und dies gilt besonders in Amerika –, ist die Wertschätzung persönlicher Erfahrung. Und darum geht es bei Intimität – die echte, persönliche Begegnung von Ich und Du. Dann wird die intime Beziehung zu einem Mittel, zu einem Fahrzeug für das Heilige, zu einem Schmelztiegel, in dem die Seele geformt werden kann.

Was ist die Beziehung zwischen Eros und Sex?

Eros ist das Ganze des dynamischen Wechselspiels zwischen zwei Liebenden, wovon Sex nur ein Ausdruck ist. Sex ist von Natur aus heilig, denn er ist ein Ausdruck der subtilen Lebenskraft, die den ganzen Körper und das ganze Universum belebt. Wenn wir uns sexuell lieben, durchdringen sich unsere subtilen Energien auf eine Weise, die viel feiner ist, als unser Kontakt auf der groben Körperebene. Nur Menschen lieben sich durch Sex, weil nur Menschen Gesicht an Gesicht liegen und beieinanderbleiben, wobei die weichsten Teile ihrer Körper – Bauch und Herz – ganz ungeschützt und in Kontakt sind.

Wenn das moderne Denken Sex auf eine grobe körperliche Funktion oder den animalischen Instinkt reduziert, der dem rationalen Ego untergeordnet ist, begeht es eine Art Sakrileg. Je mehr wir versuchen, sexuelle Erfahrung zu erfassen oder zu manipulieren, um so mehr verlieren wir den Kontakt mit seiner Fähigkeit, das Mysterium menschlicher Erfahrung zu entschleiern. D. h. Lawrence schrieb über dieses Mysterium: „Der sexuelle Akt ist nicht dazu da, den Samen abzulegen. Er ist dazu da, in das Unbekannte zu springen, wie von dem Rand einer Klippe, wie Sappho in das Meer.“

Können Sie etwas über die Wurzeln Ihrer Vision der heiligen Psychologie der Liebe sagen? Woher kam sie und wie haben Sie die spirituellen Traditionen genutzt?

Meine erste Ehe war auf Liebe gegründet, aber ich hatte nicht viel Verständnis von der Dynamik, die sich zwischen uns abspielte. Als sie endete, empfand ich das starke Bedürfnis zu verstehen, worum es bei Beziehungen wirklich geht. Ich habe dann verschiedene Traditionen erforscht, im Osten und im Westen, aber ich konnte keine Lehren über die heilige Psychologie des Paares finden.

Es gab eine weltliche Psychologie – wie man Sexualität lebt, wie man kommuniziert, wie man streitet –, und es gab spirituelle Lehren, die universelle Prinzipien wie Mitgefühl, Liebende Güte und eine Art Altruismus enthielten, aber nicht viel über die heilige Dimension des Eros oder die harte, alltägliche Arbeit sagten, die es bedeutet, wenn man mit einem anderen Menschen wirklich intim werden will.
Mit meiner Formulierung einer heiligen Psychologie des Paares habe ich versucht, Prinzipien der heiligen Traditionen sowie der westlichen Psychologie zu nutzen, anzupassen und zusammenzubringen.

Der Titel Ihres Buches, Love and Awakening (Liebe und Erwachen), hört sich wie eine Tautologie an. Man könnte sagen, dass Liebe Erwachen ist.

Nein, nicht ganz. Obwohl wir das vielleicht gerne glauben würden, ist Liebe nicht alles, was man braucht, und sie ist nicht leicht. Indem sie uns zu sehen zwingt, wie wir unsere unbewussten Muster ständig mit denen, die wir lieben, durchspielen, bietet uns eine intime Beziehung die Gelegenheit, aus diesen Mustern aufzuwachen.

Ist dies spirituelle Arbeit?

In einem weiten Sinn. Aber ich mache eine Unterscheidung zwischen spiritueller Arbeit im reinsten Sinn – zu der gehört, dass wir unsere absolute Natur realisieren – und Seelenarbeit, zu der gehört, dass wir diese größere Natur in unser persönliches Leben integrieren. Beziehung ist eine Art Seelenarbeit, die auch heilig ist.

Liebe an sich führt also nicht notwendigerweise zu Erwachen?

Liebe ist eine erweckende Kraft, aber sie löst nicht immer unsere Abwehrmechanismen auf. Liebe ist wie das Licht und die Wärme der Sonne, die anfängt, einen in uns schlafenden Samen aufzuwecken. Die Seele ist der Same, der wachsen, blühen und Frucht tragen möchte, um all das zu werden, was sie sein kann. Aber oft ist die Schale um den Samen so dick, dass sie diese expansiven Möglichkeiten blockiert. Diese tieferen Potentiale beginnen oft, durch eine Seelenverbindung lebendig zu werden – eine Liebesbeziehung, die ein Erkennen dessen anfacht, was in diesem Leben wirklich möglich ist –, ob mit einem Geliebten, einem Lehrer oder einem Freund.

Also eine Möglichkeit, wie wir aus der Trance des Egos, aus diesem Schlaf, dieser Wunde aufwachen können, ist durch Liebe.

Ja, durch Beziehung, da es in unserer Beziehung mit anderen war, wo wir zuerst gelernt haben, uns zu verschließen. Wenn wir in Liebe expandieren, weiter werden, stoßen wir unweigerlich auf die alten Tendenzen, uns zu verschließen und auf Nummer sicher zu gehen.

Wenn man selbst und der andere in diesen konditionierten Positionen feststeckt, ist das wie ein Gefängnis, ein Käfig der Seele. Vielleicht haben Sie gelernt, dass Sie hart sein müssen, um in Ihrer Familie zu überleben oder um Respekt oder Anerkennung zu bekommen. Sie sehen sich dann schließlich als jemanden, „der zu bestimmen hat“ – und das wird zu Ihrem Seelenkäfig. Wenn Sie eine gute, liebevolle Beziehung finden, werden Sie in ihr damit konfrontiert, wie diese Identität eine offene, direkte Begegnung zwischen Ihnen und dem Menschen, den Sie lieben, behindert oder verhindert.

Ihr Zwang, die Kontrolle zu behalten, schneidet Sie auch von einer ganzen Reihe innerer Ressourcen ab – von Spontaneität, Vertrauen, Empfänglichkeit für Liebe, Loslassen, Begegnung mit dem Unbekannten und echter Stärke. Wenn Sie für das Leben und für einen anderen Menschen ganz präsent sein wollen, muss sich diese Identität auflösen. Aber natürlich werden Sie an dieser Stelle gewaltigen Widerstand empfinden, weil Ihr ganzes Selbstgefühl – Ihr Überleben, Ihre Stärke und Ihr Wertgefühl – so daran gebunden ist, dass Sie hart und zäh sind und die Kontrolle haben.

Wenn man gegen die Wände seines Gefängnisses stößt und sich Widerstand meldet, was kann man dann machen?

Das wirksame Prinzip ist, dass man da anfängt, wo man ist. Wir müssen den Schmerz fühlen, der damit verbunden ist, dass wir im Gefängnis unserer alten Selbstkonzepte feststecken, und uns ihm öffnen. Und wir müssen erkennen, dass unsere Liebe dazu aufruft, aus diesem Gefängnis auszubrechen und zu dem ausgedehnten und weiten Wesen zu werden, was wir sind.

Wir empfinden oft gewaltigen Widerstand dagegen, die Liebe ganz in uns einzulassen, weil die Liebe eine Macht ist, die die Schale des falschen Selbst aufbrechen kann. Wir fangen an zu denken: „Ich bin keine Beziehung eingegangen, damit meine kostbarste Strategie für Sicherheit und Überleben so bedroht wird!“ An diesem Punkt stellen wir uns dann vor, dass etwas total verkehrt ist – dass etwas mit uns, mit unserem Partner oder mit der Beziehung nicht stimmt. Doch dies ist eigentlich eine gewaltige Gelegenheit, zu einem weiteren und wahreren Gefühl davon durchzubrechen, wer wir sind.

Sie sagen, dass das Leiden eigentlich der Schlüssel ist, der die Tür des Gefängnisses öffnen kann.

Nicht nur Leiden – denn jeder leidet sowieso –, sondern bewusstes Leiden. Das eigene Leiden bewusst machen. Kontrolle aufrechterhalten zu müssen, ist Leiden, aber man merkt das vielleicht nicht, bis die Liebe zu einem anderen einem zeigt, wie gefangen man in dieser Identität ist. Weil Liebe macht, dass man expandieren, weit werden, und eine Verbindung und Nähe möchte, lässt sie einen auch sehen, was einen kontrahiert und isoliert macht.

Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, zu sehen, wo wir eigentlich sind, und uns dem vollkommen zu öffnen – durch bedingungslose Präsenz. Die zwei Glieder bedingungsloser Präsenz sind Bewusstheit und Liebende Güte. In diesem Fall gehört zu Bewusstheit, dass wir uns unserer unbewussten Orientierung und Struktur und der konditionierten Überzeugungen, die uns blockieren, bewusst werden.

Sie sagen, dass Identitätsstrukturen aus Überzeugungen bestehen. Dies ist wichtig. Viele Menschen machen diese Verbindung nicht.

Wenn wir eine Identitätsstruktur unter das Mikroskop von Bewusstheit legen, sehen wir, dass sie aus einer Anzahl kleiner Überzeugungen besteht, die miteinander verknüpft sind. Jede dieser Überzeugungen muss aufgedeckt werden. Welche Überzeugungen stecken zum Beispiel dahinter, wenn man immer in Kontrolle sein muss? Es hilft einem, wenn man versteht, welchem Zweck diese Identität, diese Identifikation mit Kontrolle dient – weil sie an einem bestimmten Punkt der Vergangenheit tatsächlich eine nützliche Funktion hatte. Wenn man von dieser Struktur frei werden will, ist diese Art Untersuchung oder Selbsterforschung notwendig.

In "Durch Liebe reifen" sagen Sie, dass man wahrscheinlich bedrohlichen Gefühlen begegnet, wie zum Beispiel Hilflosigkeit, wenn man mit den Mauern der konditionierten Identität konfrontiert ist und, dass das ein essentieller Teil des Prozesses ist.

Jetzt sprechen wir über Liebende Güte. Wenn man anfängt, sich hilflos zu fühlen, besteht die Aufgabe darin, das aktiv zuzulassen und seine Präsenz darauf wirken zu lassen. Damit beginnt sich auch die Kontrollstruktur aufzulösen, die als Abwehr gegen Hilflosigkeit gebildet wurde.

Sie sagen, dass zu Liebender Güte gehört, dass man in der Lage ist, negative oder schwierige Gefühle voll zu erleben.

Ja. Voll, direkt. Das ist ein absolut essentielles Element von Seelenarbeit und bewusster Beziehung. Diese Art Mitgefühl ist wesentlich dafür, dass man eine bewusstere Beziehung mit sich selbst, mit dem ganzen Spektrum der Erfahrung entwickelt. Wenn wir unseren inneren Drachen mit Schönheit und Mut begegnen – indem wir mit unserer Erfahrung ganz präsent sind –, wacht etwas im Inneren auf und wir bekommen Zugang zu verborgenen Ressourcen.

Wir finden also die ritterlichen Werte romantischer Liebe wieder, aber leben sie viel bewusster.

Bewusste romantische Liebe. Absolut, das ist es. Eine Romanze war in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Abenteuer. Ein Roman war ursprünglich eine Erzählung heroischer Taten, die der Liebende für seine Geliebte vollbrachte. In diesem Fall gehört zu den heroischen Taten, dass wir aus unserem Seelenkäfig ausbrechen und zu dem werden, wer wir sind. Das ist bewusste romantische Liebe. Männer und Frauen können sie in gleicher Weise für sich annehmen. Es ist ein Weg eines Kriegers.

Dann müssen wir also wirklich mutig sein, um diese Arbeit an uns selbst zu machen. Dann werden nicht nur wir blühen, sondern auch unsere Beziehungen.

Ja. Und wenn Paare diese Arbeit zusammen machen, könnte das unserer ganzen Welt helfen zu blühen. Dies ist der Punkt, wo wir anfangen können, unsere Welt zu regenerieren – zwischen einem Menschen und einem anderen. Wie können wir hoffen, eine bessere Welt zu schaffen, wenn wir nicht einmal mit unserem Partner in einer persönlichen Beziehung sein können? Bewusste Beziehungen können ein Mittel sein, die Seele in unserer Kultur zu regenerieren, Gemeinschaft und Heiligkeit im täglichen Leben wiederzuentdecken. Dadurch, dass wir lernen, aufrichtig zu reden und einem Menschen respektvoll zuzuhören, fangen wir an, echte Begegnung und echtes Gespräch zu üben und zu praktizieren – was genau das ist, was unsere Welt auf der kollektiven Ebene am meisten braucht.

Können Sie mehr über diese umfassendere und größere soziale Bedeutung bewusster Beziehung sagen?

Bewusste Liebe könnte eine wichtige Rolle bei der Regeneration des Planeten und dem Erwachen der Menschheit aus ihrer kollektiven Trance spielen. Wenn zwei Partner sich dem Wachstum von Bewusstheit und Geist ineinander widmen, werden sie ihre Liebe natürlicher Weise mit anderen teilen wollen.

Wenn zwei Liebende ihr Herz aufbrechen und durch ihre Beziehung größere Seelentiefe empfinden, erleben sie auch die Seelenlosigkeit der modernen Welt stärker. Hier können sie als Paar dieser Welt etwas zurückgeben: indem sie ihr Herz und ihre Seele, die sie ineinander zum Brennen bringen, zu allen Wesen ausweiten. Sie könnten damit anfangen, dass sie ihr Zuhause zu einer heiligen Umgebung machen, die tieferen Potentiale in ihren Kindern nähren oder eine Gemeinschaft liebevoller Freunde pflegen. Sie könnten weiter gehen, indem sie mehr Menschlichkeit in die Weise bringen, wie sie im Alltag mit Menschen umgehen; indem sie anderen helfen, von der Betäubung und der Seelenlosigkeit aufzuwachen, die im Begriff ist, die Welt ganz zu ergreifen; indem sie für den Platz auf der Erde sorgen, den sie bewohnen; indem sie sich von äußeren Einflüssen, die die Seele entleeren, wie Fernsehen, abwenden und mehr Zeit mit echtem Gespräch, mit Meditation, spiritueller Übung oder Kreativität verbringen oder indem sie ihr Leben der Aufgabe widmen, den Kräften des Erwachens und der Erneuerung in unserer Gesellschaft im Ganzen zu dienen.

Dies sind nur ein paar der zahllosen Möglichkeiten, wie Liebende anfangen könnten, ihre Vision und ihre Liebe auszudehnen und ausstrahlen zu lassen. Mit anderen teilen, was sie entdecken, wenn sie ihre eigenen inneren Teilungen heilen, ist das größte Geschenk, das sie unserer gebrochenen Welt bieten könnten.

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Eros, Sex und die Regeneration der Welt - John Welwood im Gespräch mit Paul Shippee

Format:
Interview / Gespräch
Moderation:
Paul Shippee
Autor:
John Welwood
aus dem Buch:
"Psychotherapie & Buddhismus. Der Weg persönlicher und spiritueller Transformation" von John Welwood
Themen:
Meditation und Buddhismus, Achtsamkeit im alltäglichen Leben

Inhalt

In diesem Gespräch mit Paul Shipee legt John Welwood dar, wie Achtsamkeit und (Selbst-)Mitgefühl in Liebesbeziehungen nicht nur zum psychischen und spirituellen Wachstum sowohl des Einzelnen als auch des Paares führt, sondern überdies zur Heilung der Gesellschaft beiträgt. Diese klare und gleichsam komplexe Abhandlung ist im Buch „Psychotherapie & Buddhismus“ zu finden, in dem John Welwood nichts Geringeres unternimmt, als die psychische und spirituelle Seite unseres Seins miteinander in Beziehung zu setzen und zu verbinden.

John Welwood

John Welwood (1943 - 2019) war ein amerikanischer Psychologe, Psychotherapeut, Lehrer und Autor. Er leitete als Direktor das Carlifornia Institute of Integral Studies in San Fransisco und war Mitherausgeber des Journal of Transpersonal Psychology.

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